Die Freiheit in Zeiten des Mietenwahnsinns
In 2021 haben sich die Hauspreise in Deutschland durchschnittlich um 14,3 Prozent verteuert
– in den Städten weit mehr als auf dem Land. Wer in diesen Zeiten als StudentIn ein WG-Zimmer sucht, muss nicht nur ein „Casting“ bestehen. Sie/er zahlt in den meisten deutschen Hochschulstandorten für das eine WG-Zimmer nun schon zwischen 500 – 600€ Miete! Das sind zw. 58% und 59% des Bafög-Höchstsatzes, den allerdings die wenigsten bekommen. Wir FilmemacherInnen können uns noch gut erinnern, dass wir in unserer Studienzeit in den 70er und Anfang der 80er Jahren für ein WG-Zimmer stets nur zwischen 40 DM und 80 DM bezahlt haben. Das waren zwischen 9% und 17% des Bafög-Höchstsatzes.
Wir leben in einem Land, das den Begriff der Freiheit sehr hoch hängt
und anderen Ländern als Vorbild preist. Doch vor 50 Jahren hatten StudentInnen noch durchschnittlich 80% des verfügbaren Einkommens zur freien Verfügung. Heutzutage sind das meist nicht einmal 40%. Die Freiheit, mal nicht nur ans Bankkonto oder an die nächste Klausur zu denken, hat sich in 50 Jahren mehr als halbiert. Auch die Notwendigkeit, nicht nur in den Semesterferien, sondern während des laufenden Semesters zu arbeiten, betraf früher nur wenige. Heute arbeiten fast alle Studenten das ganze Jahr hindurch. Sie haben radikal weniger frei verfügbare Zeit.
Wie kommt es aber, dass trotz des enormen technischen Fortschritts, trotz der fortschreitenden Produktivität, die es pro Arbeitskraft erlaubt, viel mehr zu produzieren als noch vor 50 Jahren, die Freiheit so vor die Hunde geraten ist? Müsste nicht jeder im Schnitt wesentlich mehr frei verfügbare Zeit und mehr Mittel haben, wenn jedeR Lohnabhängige heute so viel mehr Output hat?
Solch grundlegende Überlegungen werden den Film „SOLD CITY“ von allen anderen Filmen zum Thema unterscheiden. Von 2009 bis 2021 haben sich die Hauspreise in Deutschland im Schnitt verdoppelt – in entfernter Fläche kaum, in großen Städten dafür weit mehr. Aber niemand kauft ein überteuertes Haus, wenn es nicht durch steigende Mieten zu refinanzieren ist. Falls das in den nächsten 20 Jahren so weiter geht, werden ca. 80% von uns BürgerInnen nicht mehr in diesen Städten wohnen können.
Das darf nicht sein. SOLD CITY macht Mut, diese Entwicklung in Frage zu stellen. Und er macht Hoffnung auf alternative Lösungen. Selbst im vermeintlich Aussichtslosen ist die Lösung nicht weit.