Mieten steigen und Mieter*innen werden ärmer

Wir nähern uns langsam den letzten Dreharbeiten für den Film SOLD CITY. Zuerst waren wir in Berlin, wo ein wahre Epedemie von Zwangsräumungen wegen Eigenbedarfskündigung wütet. Ob der Schuster, die pensonierte Lehrerin, der BVG-Busfahrer oder die alleinerziehende Mutter, sie alle müssen in ein paar Wochen ihre Wohnung, ihre Lebensbasis räumen, weil reiche Mitbüger oder Unternehmen in der Gier, noch reicher zu werden, jede menschlichen Maßstäbe verloren haben. Im Gegensatz dazu die wahrhaft Aufrechten des Bündnisses gegen Zwangsräumung. Dann kam München - eine ganz andere Geschichte. Auch hier ein wirklich Aufrechter, der Oberbürgermeister der Stadt, der eine Hoffnung hat: Alle Münchner sollen in München bleiben können. Um dem Run auf das Betongold etwas entgegenzusetzen, hat der OB mit der sog. „Sozialgerechten Bodennutzung (SoBoN)“ und dem „sektorialen Bebauungsplan“ ein scharfes Schwert geschaffen. Wer hier bauen will muß 60% der Wohnfläche für geförderten Wohnungsbau zur Verfügung stellen. Und die Sozialbindung läuft nicht nach 20 Jahren aus, sondern erst nach 40. Solch Einsatz für Mieter*innen wird nur noch in Wien getoppt – unserer letzten Station der Drehreise. Hier müssen Immobilienunternehmen, die auf eigenem Grund mit neuem Baurecht Häuser errichten, zwei Drittel der Wohnfläche für geförderten Wohnungsbau mit einer Nettomiete von 5€ zur Verfügung stellen. Wenn das wirtschlaftlich nicht machbar ist, „dürfen“ sie die zwei Drittel an die Stadt abtreten.

 Doch die Mieten steigen

Der Aufrechten gibt es aber leider zu wenige. Im letzten Quartal des Jahres 2022 waren die Mieten in Deutschland lt. dem Institut der deutschen Wirtschaft in Deutschland durchschnittlich um knapp 6% gegenüber dem Vorjahresquartal gestiegen. Auch in den ländlichen Regionen sind sie enorm gestiegen. Aber in den städtischen Ballungsräumen lag der durchschnittliche Anstieg weit über 6%. Bei einer Inflationsrate von 8,7% müssten städtische Mieter eine jährliche Lohnerhöhung von 15,5% haben, um den Lebensstandard zu halten. Wer hat das schon geschafft? Wir sind erheblich ärmer geworden, während die Unternehmen der 1% reichsten Milliardäre ihre Gewinne verdoppelten.

 Die Modernisierungsumlage als Mietpreistreiber

Gerne rühmen sich große Wohnkonzerne wie Vonovia der Nachhaltigkeit. Sie wird im Wesentlichen erzielt durch energetische Modernisierungen. 8 Prozent der Moderni­sierungskosten dürfen die Vermieter auf die Jahresmiete auf­schlagen — nicht nur, bis die Kosten der Modernisierung abgegolten sind, sondern dauerhaft. Die Mieter können dadurch zwar Heizungs- und Warmwasserkosten sparen – sie betrugen 2021 durchschnittlich 1,21 € pro Quadratmeter  und werden durch die Modernisierung in etwa halbiert. Weil aber dadurch noch die Modernisierungsumlage hinzukommt, steigen diese Kosten auf mindestens 1,96€ pro Quadratmeter. Und das nur, wenn der Vermieter mit großem Verwaltungsaufwand alle Fördermöglichkeiten ausschöpft. Wenn nicht steigen diese Kosten auf 3,50€ pro Quadratmeter. So oder so für die Mieter bedeutet diese „Nachhaltigkeit“ der Vermieterrendite auf jeden Fall eine dauerhafte saftige Mieterhöhung. Dies müsste nicht sein. Bei der in Skandinavien üblichen Teilwarmmiete ist der Grundbedarf an Wärme in der Miete inklusive. Energetische Modernisierungen dürfen nicht für Mieterhöhungen herhalten. Trotzdem  gibt es für die Vermieter einen Anreiz zur energetischen Modernisierung. Sie selbst haben dann geringere Kosten für die Bereitstellung der Wärme.

Nichts ändert sich ohne den Druck von unten

In Frankreich gibt es Generalstreiks und Demos von Millionen, wenn Rechte und Einkommen in Gefahr sind. Warum regt sich bei uns nichts, wenn wir durch Mieten und Inflation ausgenommen werden?

Wir dürfen einfach nicht hinnehmen, dass nur noch Reiche und Besserverdienende in den Städten wohnen und der Rest verdrängt wird.