2.5.5 / Alternativen /Grund und Boden – keine beliebige Ware
Jedes Jahr leisten sich Wohnungskonzerne eine sog. Wertberichtigung. So erhöhte Vonovia 2020 den Wert ihrer Immobilien um 1,4 Mrd. €. Erklärung: Der stets teurer werdende Grund und Boden. Hans-Jochen Vogel, der ehem. SPD-Chef und ehem. Münchner Bürgermeister, forderte Ende 2019 in einem Manifest: „Der Boden bedarf einer neuen Ordnung“. Grund und Boden sei keine beliebige Ware, sondern eine Grundvoraussetzung menschlicher Existenz – wie Luft und Wasser. Auch das Bundesverfassungsgericht habe festgestellt: „Die Tatsache, dass der Grund und Boden unvermehrbar und unentbehrlich ist, verbietet es, seine Nutzung dem Spiel der freien Kräfte und dem Belieben des Einzelnen vollständig zu überlassen.“
Fast 50 Jahre nach dem kürzlich verstorbenen Hans-Jochen Vogel ist Dieter Reiter der Bürgermeister der teuersten Stadt Deutschlands. Er möchte das Manifest Vogels mit Leben erfüllen. Der Preis für einen qm² Baugrund sei in München seit 1950 um 39.390 Prozent gestiegen. Das sei "Leistungsloser Bodengewinn" und immer dieselbe Geschichte: „Da werden wenige Grundeigentümer reich, weil die Kommune Infrastruktur schafft, Straßen oder U-Bahnen. So steigt der Wert der umliegenden Flächen, was direkt auf die Mieten durchschlägt.“ Heute sind schon 80% der Kosten eines Neubaus der Kauf des Baugrunds. Das sei doch Wahnsinn. Ohne grundsätzliche Änderung des Bodenrechts seien Neubauten für Normalverdiener nicht mehr finanzierbar. Boden sei keine handelbare Ware. Preissteigerungen für leistungsloses Hände-in-den-Schoß-Legen, das könne eine Gesellschaft nicht wollen, die soziale Explosionen vermeiden will. Der Boden gehöre in kommunale Hand, die ihn für Bauvorhaben per Erbbaurecht verleiht. „Dann haben wir ganz andere Möglichkeiten angesichts der aktuellen Geschäftsaufgaben in der Innenstadt. Und die Mietpreisexplosion ist dann bald ein Märchen aus marktbesoffenen Zeiten“.